Gärtnerplatztheater

Geschichte

Nach ersten Bestrebungen für ein volksnahes Musiktheaterhaus in München in den 1830er Jahren und zahlreichen öffentlichen Debatten wurde 1864 in der Münchner Isarvorstadt der Grundstein für das Gärtnerplatztheater gelegt. Finanziert hatte das Projekt eine private Aktiengesellschaft. Der Spielplan des Theaters wurde in den Gesellschaftsstatuten folgendermaßen festgelegt:

»Zweck der Gesellschaft ist die Herstellung und der Betrieb einer den ästhetischen Anforderungen der Zeit und ihrer Bedürfnisse entsprechenden Volksbühne, deren Repertoire das ganze Gebiet des Lustspiels, des Volksstücks und der Possen mit Gesang umfaßt, während von ihrem Repertoire die Oper überhaupt, also die sog. Spieloper ebenso wie die große Oper, dann das Ballett und das Klassische Repertoire in Trauer- und Schauspiel ausgeschlossen bleiben.«

Die Bandbreite des Repertoires zeigte sich bereits bei der Eröffnung am 4. November 1865 mit dem allegorischen Festspiel »Was wir wollen« von Herman Schmid und Georg Kremplsetzer. Als zweiter Programmpunkt des Abends wurde Jacques Offenbachs Einakter »Salon Pitzelberger« unter dem Titel »Eine musikalische Soirée in der Vorstadt« gespielt. Das als bürgerliches Pendant zu den Hoftheatern erbaute Theater geriet in den darauffolgenden Jahren jedoch in finanzielle Schwierigkeiten und stand schließlich unmittelbar vor seiner Versteigerung. Dies konnte durch das Eingreifen und die finanzielle Unterstützung von König Ludwig II. verhindert werden, der das Haus 1872 zur dritten bayerischen Hofbühne machte und dadurch dem Hof- und Nationaltheater gleichstellte. Aus diesem Grund wurde es auch in »Königliches Theater am Gärtnerplatz« umbenannt. Eine weitere Folge davon war, dass das Theater bis in die 1930er im Besitz der Wittelsbacher blieb.

Anfangs dominierten neue Operetten sowie das bayerisch-österreichische und das moderne naturalistische Volksstück den Spielplan des Theaters. Die Jahre 1879–1898 unter der Direktion Georg Langs können als eine »goldene Zeit« des Gärtnerplatztheaters bezeichnet werden, was sich beispielsweise an Auftritten bedeutender Künstler wie Adolf und Franz Josef Brakl, Alexander Girardi, Felix Schweighofer, Josephine Gallmeyer oder Marie Geistinger ablesen lässt. In den darauffolgenden Jahren bis 1915 trat unter der Leitung von Georg J. Stollberg und Cajetan Schmederer die Gattung Operette allmählich ins Zentrum der Spielplankonzeption, was zur Folge hatte, dass das Haus zu einem der führenden Theater für Operette im deutschsprachigen Raum avancierte.

Mit Beginn der Spielzeit 1915/1916 übernahm Hans Warnecke die Leitung des Hauses. Aufgrund unglücklicher Umstände, wie der gesellschaftlich und wirtschaftlich schwachen Situation in Deutschland und der finanziellen Schieflage des Theaters, musste es 1931 kurzzeitig geschlossen werden, bevor es 1932 unter den Direktoren Paul Wolz und Otto Reimann wiedereröffnet wurde. Die Machtübernahme durch Adolf Hitler spiegelte sich auch in ihrer Besetzungspolitik wieder: Obwohl die Werke jüdischer Komponisten und Librettisten weiterhin aufgrund ihrer Popularität gegeben wurden, engagierte man keine jüdischen Künstler mehr. Da die Operette in der nationalsozialistischen Kulturpolitik eine Vorrangstellung besaß, wurde beschlossen, sie im Spielplan noch stärker in den Vordergrund zu stellen, bis ein neues Operettentheater anstelle des Gärtnerplatztheaters errichtet sein würde. Die Schließung aus diesem Grund im Jahre 1936 dauerte allerdings nur kurze Zeit, da die Abrisspläne auf Veranlassung Hitlers hin aufgegeben wurden und das Theater lediglich renoviert wurde.

Im November 1937 ging das Theater an den Freistaat Bayern über und wurde als »Bayerische Staatsoperette«, als erste staatliche Operettenbühne, wiedereröffnet. Fritz Fischer, welcher in der NS-Zeit zu den schillerndsten Figuren im Münchener Theaterleben zählte, wurde durch Gauleiter und Innenminister Adolf Wagner 1937 als Intendant ans wiedereröffnete Gärtnerplatztheater geholt. Mit der Berufung Fischers trat eine neue Theaterästhetik in den Vordergrund, ein neuer Stil, der sich – an Berliner Revuen und der Filmoperette orientiert – durch prunkvolle Ausstattung, Massenbesetzungen und ein rasantes Spieltempo auszeichnete. Als der Intendant 1940 in den Zweiten Weltkrieg eingezogen wurde, übernahm Operndirektor Rudolf Hartmann interimistisch die Leitung der Bühne, bis Fischer 1941 wieder in sein Amt zurückkehrte. Unter seine Amtsperiode fällt auch der Besuch des Ensembles im KZ Dachau am 21. Mai 1941.

Nachdem das Gärtnerplatztheater lange von Kriegsschäden verschont geblieben war, wurde es am 21. April 1945 während des letzten Angriffs auf München so schwer beschädigt, dass der Spielbetrieb eingestellt werden musste. Deshalb spielte man nach dem Zweiten Weltkrieg zunächst im Ausweichquartier in der Schornstraße, bis 1948 der Theaterbetrieb im Stammhaus am Gärtnerplatz wiederaufgenommen werden konnte. Aufgrund wirtschaftspolitischer Überlegungen wurde das Theater 1952–1955 zusammen mit der Bayerischen Staatsoper von Rudolf Hartmann geleitet. Diese Kooperation hatte zur Folge, dass das Haus seit dem Zweiten Weltkrieg zunehmend auch Oper zeigt. Wieder unter eigener Direktion, trägt es seit 1955 den Namen »Staatstheater am Gärtnerplatz« und wurde von Willy Duvoisin (ab 1955), Arno Assmann (ab 1959), Kurt Pscherer (ab 1964), Hellmuth Matiasek (ab 1983), Klaus Schultz (ab 1996) und Dr. Ulrich Peters (ab 2007) geführt. Seit der Spielzeit 2012/2013 leitet Josef E. Köpplinger als Staatsintendant das Haus.